In einem zweiteiligen Beitrag befasst sich Heribert Schutzbier mit der spannenden und wechselvollen Geschichte des lokalen Weinbaus, der einst auch in Mannersdorf in recht umfangreicher Weise betrieben wurde.
Bereits in vorgeschichtlicher Zeit wurde im Bereich des heutigen Österreich Weinbau betrieben, wie ein Grabfund in Zagersdorf im Burgenland beweist. Dort wurden vor Jahren in einem Vorratsgefäß aus einem Hallstattgrab (ca. 1200-800 v. Chr.) einige Körner von Weintrauben gefunden. Dabei handelte es sich um eine Art „Veltliner“.
Die Lage Mannersdorfs am Nordwestabhang des Leithagebirges mit seiner geringeren Sonneneinstrahlung und den vorherrschenden kühlen Westwinden bilden bis heute keine idealen Bedingungen für den Weinbau. Ein eisernes Rebmesser im Stadtmuseum Mannersdorf, das aus der Römerzeit stammt und in Hof gefunden wurde, beweist aber, dass bereits damals in unserer Gegend die Weinrebe kultiviert wurde. Was die Qualität und Quantität betrifft, konnte aber sicher nicht mit den Weinen aus den südlicheren Provinzen des römischen Reiches mitgehalten werden. Hier schaffte aber die so genannte Bernsteinstraße Abhilfe, die von Aquilea an der Adria ausgehend bis ins heutige Baltikum reichte. Über sie gelangten Weine aus dem Süden auch in unsere Gegend. Bodenfunde tönerner Amphoren, in denen damals der Wein transportiert wurde, beweisen das. Auch in nachrömischer Zeit und im Mittelalter wurde in unserem Gebiet weiter Weinbau betrieben. Aus dem Spätmittelalter ist überliefert, dass Wien seinen Wohlstand hauptsächlich durch den Weinhandel erlangt hatte. Daher wachte es streng über die Einfuhr fremder Weine. Auch der Wein, der jenseits der Leitha, also am Rand des Leithagebirges wuchs, durfte nicht in die Stadt eingeführt werden. Dadurch entgingen unserer hiesigen Bevölkerung wichtige Einnahmen.
Über die Lage der Weingärten und Angaben über Menge und Qualität des Weines erfahren wir erst wieder ab der Renaissance. Aufschlussreiche schriftliche Quellen sind diesbezüglich vor allem die Niederösterreichischen Herrschaftsakten, das Urbar der Herrschaft Scharfeneck von 1565 und das Mannersdorfer Pfarrgedenkbuch 1785-1877. Gleich anfangs berichtet das Urbar von 1565 über ein „Weingartgebürg“ bei Au in der Größe von 60 Vierteln, das aber noch wenig ausgesetzt war. Ein „Viertel“ war ursprünglich ein Flächenmaß für Weingärten und entspricht heute etwa 575 m2. 1568 wird über den schlechten Preis des Weines geklagt, den man nicht über die Leitha verkaufen darf. Es mussten also noch die spätmittelalterlichen Bestimmungen eingehalten werden. Obwohl die Herrschaft Scharfeneck seit Kaiser Maximilian I. zu Österreich unter der Enns gehörte, galt die Leitha noch lange Zeit als Handels- und Zollgrenze gegen Ungarn.
1580 suchte ein Unwetter mit starkem Hagelschlag Felder und Weingärten der Herrschaft Scharfeneck heim. Die Mannersdorfer Bauern klagten in einem Ansuchen um Nachlass der Abgaben über die verwüsteten Felder und zerschlagenen Weinkulturen, bei denen sie befürchteten, mehrere Jahre keinen Ertrag zu haben. Ihrer Bitte wurde aber nicht stattgegeben. Einige Bauern verloren deshalb sogar ihre Lebensgrundlage. Wir können daraus schließen, dass damals der Weinbau am Nordwestrand des Leithagebirges stark betrieben wurde und für die Landwirtschaft ein zweites Standbein bedeutete. Eine weitere Klage der Bauern aus Mannersdorf, Sommerein, Hof und Au aus dem Jahr 1593 wegen der überstarken Konkurrenz der ungarischen Weine unterstreicht die Wichtigkeit der Einkünfte aus der Weinwirtschaft für die damalige bäuerliche Bevölkerung. Dass der Weinhandel über die Zollgrenze der Leitha streng gehandhabt wurde, erfahren wir wieder 1621. Immer noch war die Weinüberfuhr über die Leitha außer mit besonderem Konsens und Passbrief verboten.
In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-48) gab es südlich der Donau zwar keine Schlachten, doch wurde die Bevölkerung durch Teuerung, Durchmarsch von Truppen und vielerlei zusätzliche Abgaben bis zum Äußersten belastet. Davon betroffen waren natürlich auch die Weinbauern am Leithagebirge. 1642 wurde von den niederösterreichischen Hauern auf die Aufhebung des neu eingeführten Weinkreuzers (15 Kreuzer pro Eimer) gedrängt, der sie neben den bestehenden Abgaben von Zehent und anderen auf den Wein bezogene Abgaben an den Rand des Ruins brächte. Ihrem Verlangen wurde zwar vorübergehend nachgegeben, doch brachten dafür andere Belastungen nicht wirklich Erleichterung. Nur langsam erholte sich Europa von den Schrecken dieses langen Krieges und der allgemeinen Verarmung der Bevölkerung als dessen Folge, die auch unsere Heimat betraf.
1670 wurden von Kaiser Leopold I. die vier Märkte Mannersdorf, Sommerein, Hof und Au, was den Weinhandel betrifft, den drei Grenzstädten Wiener Neustadt, Bruck und Hainburg gleichgestellt und erhielten die Erlaubnis, ihren eigenen Bauwein (jedoch auf „Fürweis“ und Beibringung herrschaftlicher Attestation) zu allen Zeiten des Jahres ganz frei – auch über die Leitha – und sicher zu verführen. Dass der Weinbau gegen Ende des 17. Jahrhunderts bei uns wieder eine entsprechende Bedeutung erlangt haben musste, erfahren wir 1683 aus einer Bemerkung, die auf das „Weingepürg“ zwischen Mannersdorf und Hof Bezug nimmt. Es erstreckte sich beidseitig entlang der heutigen Gasse „Zwischen den Weingärten“ und bald nach dem damaligen Ortsende entlang der „Hoferstraße“ erst links, nach der Niederung der „Seeschlachten“ auch rechts der Straße bis Hof.
Auch durch die Erträge des Weinbaues in der Herrschaft Scharfeneck erfahren wir aus dieser Zeit Daten, die beweisen, dass der Wein damals ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für unsere Gegend war. Als nämlich die Ortschaften Mannersdorf, Sommerein und Hof wegen der durch den Türkenkrieg 1683 erlittenen Schäden um Steuererleichterung ansuchen, wird ihnen nur geringfügig entgegengekommen. Die Begründung dafür war, dass sie mit dem Verkauf ihres Weines ohnehin gute Geschäfte machten. Durch die kriegerischen Ereignisse war der Wein rar geworden und die verbliebenen Mengen erzielten dadurch sehr gute Preise.
1687 verbuchte die Herrschaft Scharfeneck 344 Eimer Wein (1 Eimer entsprach rund 56,56 Liter), 1688 steigerte sich der Ertrag auf 500 Eimer, 1689 gab es durch Kälte und Frost am 13. und 14. Mai in den Weingärten große Schäden, so dass nur 23 Eimer zur Verfügung standen. 1690 dürfte dagegen wieder ein gutes Jahr gewesen sein, denn der Ertrag stieg auf 513 Eimer. In diesem Jahr lieferte die Herrschaft 487 Eimer alten und 513 Eimer heurigen Wein in den Hofkeller nach Wien. 1693 konnten dann sogar 678 Eimer Wein erwirtschaftet werden.
Fortsetzung folgt …
Foto 1: Bacchus, der antike Gott des Weines, am Deckenfresko des Maria-Theresien-Saales in Schloss Mannersdorf (Michael Schiebinger)
Foto 2: Ein Weinkeller in der Renaissance (Arnald von Villanova, Traktat zum Weinbau, 1530)
Foto 3: Die Verarbeitung der Weintrauben im Barock (Abraham a Sancta Clara, Etwas fur alle das ist: Eine kurtze Beschreibung allerley Stands, 1711)
Foto 4: Das "Mannersdorfer Weingebürg" an der Straße nach Hof (Mappa der Herrschaft Scharfeneck, De re ichnographica, Giovanni Jacopo de Marinoni, 1751)