Online-Gschichtl Nr. 62

Wasenbruck - 1945 bis heute

Im vierten und letzten Teil zur Ortsgeschichte von Wasenbruck steht diesmal die jüngere Entwicklung im Mittelpunkt.

 

Während des Zweiten Weltkrieges kam es in Wasenbruck zu keinen bekannten, direkten Kriegsschäden durch Bombenangriffe. Am 4. April 1945 näherte sich die Rote Armee von Seibersdorf her, der Weg über die Leitha wurde ja unterbrochen, da die abziehenden SS-Einheiten die Leithabrücke bei Wasenbruck, wie jene bei Götzendorf, gesprengt hatten. Die Ortschaft konnte kampflos eingenommen werden, während in Pischelsdorf noch geschossen wurde. Wasenbruck war nun auch vom Nationalsozialismus befreit, hatte aber unter dem wenig zimperlichen Verhalten der russischen Besatzer zu leiden.

Die Fabrik von Hutter und Schrantz war zwar unbeschädigt geblieben, die begehrten Textilien zogen aber Plünderer an, nicht nur die russischen Soldaten. Der Betrieb konnte bald wieder aufgenommen werden, die Produktion wurde aber verstärkt auf Decken und Filzstoffe umgestellt. In den 1950er-Jahren konnte der Betrieb modernisiert und die Qualität der Produkte erhöht werden, auch Filztücher für die Papierherstellung wurden wieder gefertigt. Die Firma Hutter und Schrantz feierte 1949 auch ihr 125-jähriges Bestandjubiläum in umfangreicher Weise.

In Wasenbruck entstand nun ein Gerätehaus für die Betriebsfeuerwehr und ein eigener Sportplatz. 1957 wurde dann die Stromversorgung des Ortes von der NEWAG übernommen, dennoch wurden in den Haushalten noch lange Petroleumlampen und Kerzen verwendet. Das Brennmaterial, wie Kohlen und Briketts, bezogen die Arbeiter direkt über Hutter und Schrantz. Für das Brennholz konnte man in der Au einen sogenannten „Lust“ erwerben, in dem man Bäume entnehmen durfte.

Schulisch wurde Wasenbruck nun an Mannersdorf gebunden, waren die Hauptschüler zuvor doch noch nach Gramatneusiedl zugeteilt gewesen. Für die Mobilität sortgen noch Mopeds und Fahrräder, Autos waren nur wenige vorhanden. Die große Welt draußen holte man zumindest mit dem Fernsehen in den Ort, im Gasthaus stand das erste Gerät, wo die Kinder mit großen Augen den Kasperl aus dem Flimmerkasten lachen sahen. Ein Telefon wiederum hatten damals nur der Direktor und der Portier von Hutter und Schrantz. Auch der Postweg war noch beschwerlich, musste man zum Verschicken oder Abholen von Paketen doch nach Götzendorf, wo das zuständige Postamt war. Briefträger Michl Wurm kam den Wasenbruckern sehr entgegen und brachte ihnen, gegen kleines Trinkgeld, so manches Paket auch per Moped in den Ort. Bestand Wasenbruck lange nur aus den Fabriksbauten und den Arbeitwohnhäusern, entstanden nun auch die ersten Einfamilienhäuser, die der Siedlergasse ihren Namen gaben.

Auch die Seelsorgefrage wurde in der Nachkriegszeit wieder aufgeworfen und nun ein eigener Kirchenbau in Wasenbruck ins Auge gefasst. 1956 wurde daher von der noch immer zuständigen Pfarre Pischelsdorf ein Grundstück für das Projekt angekauft. Der Kirchenbau wurde von Architekt Johann Rezac geplant, dieser war ein Wasenbrucker Arbeiterkind gewesen. Im Spätherbst 1959 wurde mit den Bauarbeiten begonnen und am Samstag, den 7. Mai 1960 nahm Dr. Franz Jachym die Grundsteinlegung vor. Jachym sollte auch der Konsekration der Filialkirche von Wasenbruck vorstehen – dies geschah am Sonntag, den 12. Mai 1963. Die katholische Kirche hatte aber im Ort keinen guten Stand, da so mancher Pfarrer in den Jahrzehnten davor hochmütig von den Wasenbruckern als „Arbeitergesindl“ sprach und diese mit allerlei Schikanen bedacht hatte. Wasenbruck hatte zwar eine Kirche, aber keinen eigenen Friedhof, so mussten die Toten immer noch nach Pischelsdorf geführt werden. In den Wohnungen gab es oft keine ausreichenden Möglichkeiten zur Aufbahrung der Verstorbenen, daher wurde an der Leithabrücke nach Mannersdorf ein Totenhäuschen für Wasenbruck errichtet.

Neben der Kirche entstanden nach und nach auch weitere Einfamilienhäuser in der Kirchengasse und umgaben die heutige Grünfläche. Seit den 1930er-Jahren bestand an der Hauptstraße 13 eine Filiale der Mannersdorfer Konsum- und Spargenossenschaft. Das Haus war eines der frühen Werke des Architekten Johann Rezac gewesen. Die Waren wurden damals von Gramatneusiedl mit einem LKW angeliefert. Auch der Fleischhauer Danzinger aus Götzendorf betrieb an vier oder fünf Tagen der Woche eine Filiale in Wasenbruck. Mitte der 1960er-Jahre eröffnete die Familie Ehrngruber ein zweites Lebensmittelgeschäft in Wasenbruck. Die Wolfgangs waren wiederum eine Familie von Marktfahrern und haben hier ein Kaffeehaus errichtet, das viele Jahre bestand.

Im April 1965 kam es zu großflächigen Überschwemmungen durch das Hochwasser der Leitha. Mehrmals stieg und sank der Wasserpegel, die Straßen und Häuser von Wasenbruck waren von den Wassermassen umspült, die Feuerwehren standen im Dauereinsatz. Aber es gab in den damaligen Jahren auch positive Meldungen. 1966 wurde der gemeindegeführte Kindergarten vom Land Niederösterreich übernommen. Am 1. Dezember 1967 erfolgte dann die organisatorische Übernahme der Filiale Wasenbruck durch die Pfarre Mannersdorf. Im Juni 1970 kam mit Erzbischof Franz Kardinal König ein hoher Gast in die Kirche und den Ort.

Die 1970er-Jahre brachten wiederum starke Veränderungen mit sich. Das Aufkommen neuer Materialien wie Kunstfasern, die Änderungen in der Produktion und der sich öffnende globale Markt sorgten in den 1970er-Jahren für einen Niedergang der Textilindustrie in unserer Region. Namhafte Standorte fielen der Rationalisierung zum Opfer, so auch 1974 die Fabrik von Hutter und Schrantz in Wasenbruck. Eine Ära ging zu Ende, die einstige Fabrikssiedlung Wasenbruck verlor den wichtigsten Arbeitgeber. Für die damals 300 Beschäftigten konnten aber kaum Ersatzarbeitsplätze gefunden werden. Einige Arbeiter gelang es bei der Filzfabrik der Firma Fetz in Gloggnitz unterzukommen, andere pendelten mit dem Werksbus zur Firma Stollack nach Guntramsdorf.

 

Im Jahr 1975 folgte die nächste Katastrophe, den die Leitha trat wieder stark über die Ufer, das Hochwasser suchte, wie zehn Jahre zuvor, wieder den ganzen Ort heim. Der Mannersdorfer Hobbyfilmer Josef Schipfer hielt die damaligen Geschehnisse auf Film fest, zu sehen sind die Wasenbrucker, die ihr Hab und Gut zu schützen versuchten, die Zillen in den Gassen und Bürgermeister Strobl, der „durch die Fluten getragen wurde“. Die Ereignisse bewirkten zwischen 1977 und 1980 den Bau des neuen Leithadammes, seither blieben große Überschwemmungen aus. Schrittweise wurde nun auch das Siedlungsgebiet im Norden Richtung Pischelsdorf erweitert, die verlängerte Siedlergasse mit ihren Quergassen entstand. Die Werkskanalbrücke wurde im Jahr 1988 erneuert, auch die anderen Brücken wurden mit der Zeit saniert. 1990 erfolgte der Neubau des Kindergartens, gegenüber waren auch die ersten neuen Mehrparteienhäuser entstanden. In den letzten Jahren kamen noch weitere Wohnhäuser an der nördlichen Hauptstraße hinzu und das Vereinshaus wurde modernisiert. Seit 2006 verbindet nun auch ein Radweg Wasenbruck mit Mannersdorf.


Foto 1: Hauptstraße Richtung Süden, 1945 (Archiv Johann Amsis)

Foto 2: Noch unbebaute Ortseinfahrt, um 1950 (Archiv Johann Amsis)

Foto 3: Die Siedlung entsteht, um 1960 (Archiv Johann Amsis)

Foto 4: Die alte Konsum-Filiale (Archiv Johann Amsis)

Foto 5: Die neue Konsum-Filiale, 2002 im ursprünglichen Zustand (Karl Trenker)

Foto 6: Die neue Filialkirche, 1960er-Jahre (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf/Heribert Schutzbier)

Foto 7: Hochwasser 1975, (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf/Heribert Schutzbier)

Foto 8: Hauptstraße in den 1970er-Jahren (Archiv Johann Amsis)

Foto 9: Kindergarten heute (Michael Schiebinger)