Online-Gschichtl Nr. 20

Maria Theresia auf der Wurst

Diesmal werfen Ava Pelnöcker und Helga Kusolitsch mit Maria Theresia einen Blick auf eine kaiserliche Lustpartie in die Mannersdorfer Wüste und ein ungewöhnliches Jagd-Gefährt, das anlässlich der Eröffnung des Stadtmuseums, Jahrhunderte später „beinahe originalgetreu“ nachgebaut, nicht nur den prominenten BesucherInnen zur Belustigung diente.

 

Dass Maria Theresia gerne nach Mannersdorf gekommen ist, und dass dieser Umstand neben allen landschaftlichen Reizen der Gegend und der Badeanstalt vor allem ihrer geliebten Aja Gräfin Fuchs zu verdanken war, ist bekannt. Welch außergewöhnliches Fortbewegungsmittel sie dafür zuweilen wählte, dass die Herrscherin nämlich auf einer Wurst herangefahren kam, wissen noch wenige. Was hat es damit auf sich?

Obersthofmarschall Khevenhüller ist es zu verdanken, dass ein Ausflug Maria Theresias im September 1742 bestens dokumentiert ist. In seinem Tagebuch hielt er nämlich fest, wie die Regentin mit ihrer Entourage vom Sommereiner Schloss der Gräfin Fuchs in die Mannersdorfer Wüste auf eben jener Wurst gefahren ist. So bezeichnete man zu dieser Zeit einen Jagdwagen, der im Wesentlichen aus einem starken Längsbalken auf zwei Achsen bestand und von einem oder mehreren Gespannen gezogen wurde. Auf dem Balken waren eine durchgehende Polsterung oder sattelartige Sitze angebracht, auf denen die Jagdgäste rittlings ihre Plätze einnahmen. Das ging natürlich nur mit Beinkleidern und nicht mit weiten Reifröcken, weshalb das Vergnügen in der Regel den Herren vorbehalten war.

Da traf es sich besonders gut, dass an diesem 12. September 1742 nach dem Ausflug am Sommereiner Schloss ein Lanzenstechen angesagt war, eine Veranstaltung, für die am Hofe auch den Damen das Tragen eines Herrenkostüms vorgeschrieben war. Maria Theresia als große Freundin diverser Verkleidungen nutzte die Gelegenheit, gemeinsam mit ihren Hofdamen die Pagenkostüme bereits für die Fahrt zur Wüste anzulegen und so in den seltenen Genuss der Jagdwurst zu kommen. „…wozu alle unter ihren Mänteln enge Herrenkleider angezogen hatten...“, schreibt Khevenhüller.

Von dieser Fahrt auf der Wurst fehlt leider jede Abbildung, ein barocker Kupferstich zeigt zumindest einen zeittypischen Jagdwagen in anderer, „reifrock-freundlicher“ Bauweise und lässt erahnen, welche Abenteuergeschichten die lebenslustige Monarchin in Mannersdorf erlebt haben mag.

1979 haben Johann Ackerl, Friedrich Opferkuh und Heribert Schutzbier, die Idee geboren, zum Jubeltag anlässlich der Eröffnung des (Stadt-)Museums eine frei interpretierte Mannersdorfer Jagdwurst zu bauen. Als Sitzbalken wurde kurzerhand der Maibaum umfunktioniert, Franz Weninger liefert das Fahrgestell und die Firma Watzke steuerte die Polsterung bei, sodass Promis und Dirndl bequem darauf Platz nehmen und sich durch die Hauptstraße übers Einser-Eck bis zum Schüttkasten kutschieren lassen konnten. Das hätte auch Ihre Majestät im 18. Jahrhundert über die Maßen „divertiert“ (belustigt).


Foto 1: Durch die Wüste auf der Wurst, Illustration, schnipselqueen

Foto 2: Maria Theresia in jungen Jahren, 1735, Pinakothek München (CC BY-SA 4.0)

Foto 3: Maria Karolina Gräfin von Fuchs Mollard, Gemälde in Privatbesitz

Foto 4: Ein fürstlicher Jagdwagen, aber leider keine Wurst, 1756, Johann Elias Ridinger

Foto 5: Wurst-Schlitten oder Wurst-Wagen im barocken Lexikon, 1711

Foto 6: Die Mannersdorfer Jagdwurst zur Museumseröffnung, 1979, Stadtmuseum Mannersdorf