Online-Gschichtl Nr. 56

"Berg frei" - Die Mannersdorfer Naturfreunde in den Nachkriegsjahren

Nach den ersten beiden Teilen des Online-Gschichtls zur Geschichte der Mannersdorfer Naturfreunde widmet sich Michael Schiebinger diesmal der Entwicklung in der Nachkriegszeit.

 

Die Mannersdorfer Naturfreunde wurden bereits 1934 gemeinsam mit allen anderen sozialdemokratischen Vorfeldorganisationen durch die Ständestaatdiktatur verboten. Nach dem Ende des NS-Regimes und des Zweiten Weltkrieges konnte die Ortsgruppe Mannersdorf 1946 neu gegründet werden. Doch bald löste sie sich wieder auf, da es zu internen Streitigkeiten kam und eine führende Persönlichkeit fehlte, denn Josef Hochfilzer war bis 1952 in Kriegsgefangenschaft. Die Mannersdorfer Mitglieder wechselten nun vielfach in die Ortsgruppe Wasenbruck. Dort fühlten sie sich aber benachteiligt und es kam zu einem Generationenkonflikt. Am 13. Februar 1953 fanden sich daher 76 Naturfreunde zusammen, um die Ortsgruppe Mannersdorf zu reaktivieren. Der endlich zurückgekehrte Josef Hochfilzer wurde wieder zum Obmann gewählt und auch im Vorstand fanden sich alle bekannten Namen wieder.

Schon im August 1952 führte die erste große Nachkriegstour Karl Ivanschitz und andere zu einer Gletscherfahrt in die Ötztaler Alpen und zum Ortler. Im Februar 1953 folgte eine erste achttägige Skitour zum Karl-Renner-Haus bei Saalbach-Hinterglemm. Im selben Jahr wurden auch wieder Purbach, die Kaisereiche und die Rax besucht, als Tourenführer waren u.a. Josef Hochfilzer, Anton Karpf, Fritz Decker und Johann Amsis im Einsatz. Gleich zweimal zog des die Naturfreunde im Sommer 1953 auf den Dachstein und Karl Ostermeier unternahm eine „Österreich-Rundfahrt“. Das Jahr war wohl eines der aktivsten in der Geschichte der Ortsgruppe und zeigt, dass nach der Überwindung der unmittelbaren Nachkriegsjahre die Reiselust stieg und eine bewusste Abwechslung gesucht wurde. Für die Mannersdorfer selbst wurde im November im Kopper-Saal auch wieder ein Naturfreunde-Kränzchen geboten. 1954 gab es mit Anton Karpf und Karl Kopetzky eine Skifahrt zum Sonnblick. Auch Autobustouren waren nun im Kommen, so fuhr man in die Wachau und mit der Landesleitung sogar nach Capri! Nach den ganzen Urlaubsfahrten durfte dann im November auch nicht der Ball der Naturfreunde fehlen.

Neben den Touren ging es den Naturfreunden aber auch um die Verbesserung der lokalen Angebote, 1954 wurde eine Skischanze angelegt, der Zugang zur Ruine Scharfeneck freigelegt sowie Schilder und Bänke aufgestellt. Eine Gruppe begeisterter Skifahrer um Anton Karpf und Karl Kopetzky hatte zudem nach einem geeigneten Berghang am Leithagebirge Ausschau gehalten. Im Jahr 1950 erhielten die Naturfreunde von der Marktgemeinde die Rodungsbewilligung für den Nordosthang des Scheiterberges. 1951 wurde mit den Arbeiten für die neue Skipiste begonnen. Im Staatsvertragsjahr wurde nicht nur die Schiwiese weiter gestaltet, es ging auch zu einem Skirennen auf den Semmering sowie im Sommer nach Mariazell und an den bayrischen Königssee. Auch Kaprun mit dem damaligen Prestigebau des Kraftwerks wurde besucht. Obmann Josef Hochfilzer und seine Gattin fuhren überdies mit dem Motorrad zum Gardasee und nach Südtirol. 1956 und 1957 standen neben dem Schneeberg und der Rax endlich auch wieder die Dolomiten am Kletterprogramm der Mannersdorfer.

Ende der 1950er-Jahre trat nun auch die jüngere Generation der Naturfreunde in Erscheinung. Das zeigte sich auch beim Naturfreunde-Kränzchen im November 1957. Obmann-Stellvertreter Franz Friedl hatte auf abenteuerliche Weise Johannes Fehring mit seiner Tanzkapelle engagiert. Fehring war einer der bedeutendsten Jazzmusiker und -komponisten der damaligen Zeit in Österreich. Den jungen Naturfreunden gefiel die zeitgenössische Musik, nur die alten „Nörgler“, wie es in einem Bericht heißt, hatten wie immer etwas auszusetzen. Zu den „jungen Wilden“, für die die Bindung an die Ortsgruppe nicht so stark im Vordergrund stand, zählten auch Fritz Schebeck, Hans Amelin sowie Hans und Karl Wuketich – sie bestiegen 1958 den Hochschwab. Auch Reisen in ferne Länder waren nun wieder erschwinglich und so ging es damals sogar nach Griechenland, wo auch der Olymp bestiegen wurde. Die Jungen zog es mit der Horex 400 und der Puch SG in die Alpen, wo der Gipfel des Großglockners bezwungen wurde.

 

Auch 1960 blieben die Naturfreunde ihren Touren im Leithagebirge treu, Karl Wuketich und Hans Amelin zog es derweil in die Schweiz, wo sie mit dem Monte Rosa einen Viertausender bestiegen. 1961 waren die Mannersdorfer Bergsteiger dann am Mont Blanc (Karl Wuketich und Fritz Schebeck) und am Piz Bernina, während der Skiurlaub der Naturfreunde auf der Wildspitze stattfand. Auf den Nachwuchs wurde nun auch verstärkt geschaut und so wurde 1962 ein Jugendskitag auf der Rax veranstaltet, denn in Mannersdorf selbst gab es zu wenig Schnee. 1963 konnte der Jugendskitag dann in Mannersdorf stattfinden, die Tattendorfgasse wurde kurzerhand zur Rennstrecke umfunktioniert. Aber nicht nur die Natur stand im Mittelpunkt, die Naturfreunde zog es auch zu einer kulturellen Entdeckungsreise nach Frankreich, von Straßburg über Paris ging es nach Biarritz! Nach den Jahren der Wiedergründung und der Überwindung der Nachkriegszeit waren nun also auch die Mannersdorfer Naturfreunde mitten in den Wirtschaftswunderjahren angelangt. Weiterhin wurden Wanderungen zu regionalen Zielen dies- und jenseits des Leithagebirges unternommen. Auch die jährlichen Klettertouren, Urlaubsreisen und Skiausflüge wurden weiter gepflegt und das Naturfreunde-Kränzchen im November blieb ein fixer Bestandteil im Jahreslauf. 


Foto 1: Rodung der Schiwiese mit Lois Friedrichkeit, Fritz Decker und Edi Sturm, 1952 (Archiv Hans Amelin)

Foto 2: Rodung der Schiwiese, 1952 (Archiv Hans Amelin)

Foto 3: Ausflug nach Purbach, 1953 (Tourenbuch der Naturfreunde Mannersdorf)

Foto 4: Naturfreundekränzchen, 1953 (Tourenbuch der Naturfreunde Mannersdorf)

Foto 5: Gipfelbesteigung des Großglockners mit Hans Amelin, Hans und Karl Wuketich, 1959 (Tourenbuch der Naturfreunde Mannersdorf)

Foto 6: Jugendschitag, 1962 (Archiv Hans Amelin)

Foto 7: Fritz Happel, Gastgeb, Ernst Reidlinger, Fredi Ackerl, Walter Flamm und Werner Kneidl, 1966 (Archiv Hans Amelin)

Foto 8: Hochbetrieb auf der Schiwiese, 1967 (Archiv Hans Amelin)