Passend zu den schönen Herbsttagen nimmt uns Johann Amsis zum 150. Online-Gschichtl mit in die Wasenbrucker Vergangenheit. Zur Untermalung zeigen wird diesem zwei tolle Filmschnitte von Franz Lukowitsch sen. aus dem Jahr 1975.
Mit Ende August bis in den späten September konnte man auch in Wasenbruck den Altweibersommer genießen, auf einer Bank im Park oder bei einem Spaziergang auf der Pfarrer- und Heimwiese. Auch begann wieder die Schule und die unbeschwerte Kinderzeit hatte mit dem Ferienende ein jähes Ende gefunden. Während meiner Schulzeit in den 1960er-Jahren sind wir täglich mit dem Autobus nach Mannersdorf in die Hauptschule gefahren. Beim Konsum war unsere Einstiegsstelle, dort haben wir uns mit unseren Schultaschen brav hintereinander aufgestellt. So sind wir dann auch in den Bus eingestiegen, der Bus kam von Götzendorf und Pischelsdorf und war schon voll mit den Schülern aus diesen Ortschaften. Mit viel Schwung ging es hinein in den Bus und mit Gewalt wurde zusammengedrängt, so dass der Fahrer die Tür nur mit Müh und Not schließen konnte. Schülerfreifahrt gab es damals noch nicht und so mussten wir unsere Wochenkarte vorweisen, die vom Fahrer gezwickt wurde. Eines Tages kam Abwechslung in den tristen Schulalltag, plötzlich war Beppo da, einige werden sich noch erinnern, er war ein schwarzer Rabe und er liebte Kinder. Keiner wusste woher er kam und wo er später hingekommen ist. Jeden Morgen, wenn wir auf den Bus warteten, war er da, er plauderte, so schien es, mit uns Kindern und trieb allerlei Schabernack. Er flog dem Bus bis nach Mannersdorf hinterher. Dasselbe dann wieder bei der Heimfahrt. Das ging tagelang so, Beppo war immer hier. Wir Kinder freuten uns schon jeden Tag auf diesen lustigen Gesellen. Eines Tages saß Beppo am Briefkasten, der bei der Autobushaltestelle montiert war. Ein Mädchen (Mimi) neckte ihn mit ihrer Wochenkarte, fuchtelte mit ihrer Karte vor seinem Schnabel hin und her, schnapp hatte Beppo die Karte im Schnabel und flog auf das Vordach vom Konsum. Alles bitten Betteln und Schimpfen hat nichts genutzt, er gab die Karte nicht mehr her. Bald nach dieser Geschichte war Beppo auch schon wieder verschwunden.
In den Nachkriegsjahren kam es auch immer wieder zu Lehrerkonferenzen, eine solche wurde einmal im Koppers Saal in Mannersdorf abgehalten. Alle Schulleiter, Schulräte, Direktoren und das Lehrpersonal waren versammelt. Der Bezirksschulinspektor stand am Rednerpult, begrüßte alle Anwesenden mit den Worten: „Ich habe diesen Saal schon voller gesehen… und ich habe diesen Saal schon leerer gesehen, … aber so voller Lehrer, habe ich ihn noch nie gesehen!“ Was in der Lehrerkonferenz besprochen wurde, ist niemanden mehr er innerlich, aber die Begrüßung vom Bezirksschulinspektor ist noch lange weitererzählt worden.
Anfang Oktober ist dann auch in Wasenbruck der Herbst eingekehrt, die Blätter auf den Bäumen in den Gärten und in der Au verfärbten sich und fingen an abzufallen. Die Beete wahren abgeerntet, das Obst gepflückt, die Nussbäume wurden noch „oh bost“. Die Nüsse wurden dabei mit einer langen Holzstange vom Baum heruntergeschlagen. Das war auch die Zeit der „Nussprankerln“, die waren in der Schule nicht gern gesehen und so mancher bekam mit dem Rohrstaberl „an Pracker auf die geöffneten Handflächen. Dies hatte den einfachen Hintergrund, dass die Nüsse damals sehr begehrt und dementsprechend wertvoll waren. Da die meisten Wasenbrucker Kinder in Wohnungen lebten und daher keinen Nussbaum haben konnten, wurde ihnen unterstellt, dass ihre Nüsse gestohlen worden sein müssten. Auch das Kastanienglauben war bei uns sehr beliebt. In Wasenbruck standen damals sehr viele Rosskastanienbäume innerhalb und außerhalb des Ortes. Im Herbst sammelten wir Kinder die Kastanien, um diese in der Schule, im Heim oder auch zuhause mit „augspitzte Straffhöizl“ (angespitzte Zündhölzer) zu allerlei Figuren zu verbinden. Die Rosskastanien waren zwar ungenießbar, aber am Hofer Straßl standen auch zwei oder drei Edelkastanienbäume. Wenn man schnell genug war, konnte man einige sammeln und am Abend damit Maroni braten. Die Kidn (Quitten) wurden nun auch im Herbst gepflückt und auf die Zimmerkästen gelegt, manchmal wurde auch Marmelade oder ein Kidnkas (Quittenkäse) daraus gemacht. Das Holz und die Kohlen waren längst in den Schuppen eingelagert und warteten zur Verwendung an den kalten Tagen. Schön langsam wurden die Öfen mit ein bisschen Zaussat eingeheizt. Dies war auch die Zeit, in der man im Backrohr Zwetschken und Birnen dörrte und zudem Powidl machte. Ganz wichtig war auch das Schmalzauslassen und das Grammelmachen.
Nach einer klaren Nacht und einem wunderschönen Tagesbeginn weckte mich dann meine Mutter immer mit den Worten: „Heit Nocht san in Pischlsdorfa Pforra drei Antn dafroan“. Das konnte manchmal schon in den ersten Oktobertagen der Fall sein. Nach dem ersten Frost sind wir zum Lewawech (Leberweg) gegangen, um noch Früchte für Marmelade zu sammeln. Die Hedschal (Hagebutten) sind nach der ersten „Gfria“ leichter entkernen gegangen und trotzdem war es eine unangenehme Lausarbeit, die keiner gerne machen wollte. Die kleinen Kerne mit ihren Haaren waren wie Juckpulver und wurden von uns Kindern für so manchen Schabernack verwendet. Die Schlecha (Schlehen) waren nach dem Frost etwas süßlicher und nicht mehr so sauer. Aber als alternative Medizin, für den Vitamin-C-Bedarf war der Schlehensaft damals nicht wegzudenken.
Zwei besondere Tage bot der Oktober auch noch auf: Am Nationalfeiertag wurde auch in Wasenbruck ein eigenes Veranstaltungsprogramm geboten, immer wieder gab es FIT-Märsche, Laufveranstaltungen und sportliche Feste. Auch in Mannersdorf fanden solche Programmpunkte statt. Ein filmisches Zeitdokument von Franz Lukowitsch sen. aus den 1970er-Jahren zeigt die Beliebtheit dieser Fitnessmärsche. Nachdem 1953 die Sparkasse Bruck an der Leitha eine Filiale in Mannersdorf gegründet hatte, gewann auch der Weltspartag an lokaler Bedeutung. Für uns Kinder wurde der 31. Oktober rasch zu einem wichtigen Ereignis im Jahreslauf. Bereits jedes neugeborene Kind in der Gemeinde bekam damals von der Sparkasse ein Sparbuch mit einer Einlage von 50 Schilling. In der Schule gab es dann öfters Sparefrohhefte und die Sparefrohfigur selbst war auch allgegenwärtig. Wer am Weltspartag in die Mannersdorfer Filiale kam, um dort etwas auf sein Sparbuch einzuzahlen, bekam ein kleines Geschenk überreicht. Der Weltspartag war ein richtiges Fest, sogar die Blasmusik spielte vor der Sparkasse auf, wie ein zweiter Filmausschnitt von Franz Lukowitsch sen. zeigt. Die Leute standen in Schlangen bei den Schaltern und die Angestellten waren besonders festlich gekleidet. Die Kinder kamen mit ihren Sparschweinen und -büchsen, in dem über das ganze Jahr den „Schotter“ gesammelt hatten. Ganz aufgeregt, sahen die Kinder zu, wie die Schweinchen und Büchsen entleert und das Geld feinsäuberlich gezählt wurde. Die Zinsen wurden nachgetragen, da gab es manchmal sogar 6 oder 7%, heute leider vollkommen unvorstellbar!
Zwei Filmausschnitte von Franz Lukowitsch sen.:
1) Nationalfeiertag 1975 in der Mannersdorfer Wüste
2) Mannersdorfer Jugend-Blasmusikkapelle vor der Brucker Sparkasse, 1975