Mittelalterliche Städte wie Hainburg, Bruck und Eisenstadt wurden sehr bald zum Schutz vor Angriffen mit Mauern und Befestigungen umgeben. Aber auch kleinere Marktorte waren auf die eine oder andere Weise befestigt. Michael Schiebinger wirft daher heute einen Blick auf die längst verschwundene Marktbefestigung von Mannersdorf.
Die Gegend an der Leitha und um das Leithagebirge war schon früh besiedelt, sie war überdies stets Grenzland. Um 1500 gelangte die Herrschaft Mannersdorf-Scharfeneck an Kaiser Maximilian I., der sie dauerhaft dem Erzherzogtum unter der Enns einverleibte. Für jenen Zeitraum wird auch die Erhebung Mannersdorfs zum Markt angenommen.
Die Existenz einer eigenen Befestigung von Mannersdorf ist erstmals im 16. Jahrhundert fassbar. Im Jahr 1565 werden „Neustifler vor dem obern Thor“ (Oberes oder Hofer Tor) genannt, 1584 scheint eine „Hofbraitn beim oberen Thor“ auf. Ebenso 1565 werden 9 Hofstätten als „vor dem under Thor gegen Schweingraben“ (Unteres oder Sommereiner Tor) bezeichnet.
Im Laufe des 16. Jahrhunderts wurde die Burg Scharfeneck unbewohnbar, die Verwaltung wurde daher in den Markt Mannersdorf verlegt. Der Ausbau des bisherigen Edelhofes zum Herrschaftssitz könnte auch eine stärkere Befestigung des Ortes bewirkt haben. Ein bekannter Stich von Jacob Hoefnagel aus dem Jahr 1617 zeigt neben der Stadt Eisenstadt auch den Markt Mannersdorf mit entsprechender Umfriedung. Zu sehen ist das Straßendorf gegen Norden in seiner Längsausdehung parallel zum Leithagebirge. Die Südflanke des Ortes wird von einer Mauer umgeben, die gegen Osten von einem Holzgatter bzw. einer Palisade abgelöst wird. Westlich der Pfarrkirche erscheinen auf der Mauer paarweise Punkte, die möglicherweise als Schießscharten zu interpretieren sind. Östlich vor der Pfarrkirche ist ein weiterer kleiner Mauerabschnitt sichtbar, der ein Teil der Marktbefestigung gewesen sein könnte. Der Marktort dürfte folglich um 1617 bereits von einer Mauer bzw. einer Palisade umgeben gewesen sein. Die Lage der gebirgsseitigen Mauer bzw. Palisade verwundert nicht, denn der Markt war vor allem von Ungarn her Angriffen ausgesetzt.
1683 sah man sich am Leithagebirge abermals dem Einfall der Osmanen ausgesetzt. Die Ortsbewohner suchten in der Ruine Scharfeneck und im Kloster Schutz. 1704 und 1705 war Mannersdorf von den Ungarnaufständen betroffen, die einfallenden Kuruzzen brannten fast alle Gebäude im Markt nieder. Die Befestigung des Marktes bot folglich nicht den erhofften Schutz.
Im 18. Jahrhundert sind unter Maria Karoline von Fuchs-Mollard keine baulichen Maßnahmen an der Marktbefestigung bekannt. Aber die Darstellung Mannersdorfs am Deckenfresko des Maria-Theresien-Saals im Schloss der Gräfin ist von Interesse. Der Marktort Mannersdorf wird dort von Norden her wiedergegeben. Am Nordrand des Marktes sind Holzgatter bzw. Palisaden erkennbar, diese sind nur bei der Ansicht von Mannersdorf zu sehen, fehlen jedoch gänzlich bei den Ansichten der drei anderen Herrschaftsorte am Fresko. Die Gatter oder Palisaden sind daher nicht als beliebiges „Beiwerk“ der Darstellung anzusehen. Sie legen nahe, dass im 18. Jahrhundert am nördlichen Ortsrand zumindest hölzerne Einfriedungen bestanden haben könnten.
Mannersdorf dürfte noch bis in das 19. Jahrhundert hinein von einer Art Einfriedung umgeben gewesen sein, die drei Markttore bestanden bis nach 1840. Auf Franz Xaver Schweickhardts Perspektivkarte sind an den Stellen des Oberen und Unteren Tores ebendiese als quer zur Straße stehende, zwischen den Gebäuden eingespannte Mauerzüge zu erkennen. Weitere Abschnitte einer Einfriedung am Rand des Ortskernes sind im Süden und im Nordosten sichtbar, der Mauerring scheint jedoch nicht geschlossen gewesen zu sein. Die Perspektivkarte zeigt überdies, dass auch der Markt Hof an der West- und Ostseite Mauerzüge aufwies. An den Ortsausfahrten nach Mannersdorf und Au sind schematisch dargestellte Tore erkennbar. Ebenfalls befestigt war der Markt Trautmannsdorf, wo sich noch ein barockes Markttor erhalten hat, das jedoch bereits mehr der Repräsentation diente. Und auch jenseits des Leithagebirges war der benachbarte Markt Purbach seit 1630 befestigt, hier blieben Mauerabschnitte und die Tore bis heute bestehen.
Von den drei ehemals vorhandenen Markttoren Mannersdorfs haben sich lediglich drei gezeichnete Ansichten erhalten, die die Tore im Zustand von 1840 wiedergeben sollen. Die Ansichten wurden von Oberst Albert Schatek 1928 angefertigt. Da die Tore um 1870/80 abgebrochen worden sein sollen, konnte sie Schatek nur durch ältere Berichte rekonstruieren – die Darstellungen sind folglich mit etwas Zurückhaltung zu betrachten. Das Obere oder Hofer Tor zeigt sich bei Schatek als doppelflügeliges Rundbogentor mit umgebender Mauerfläche. Als in den frühen 2000er-Jahren der Kreisverkehr errichtet wurde, wurde das quer zur Hauptstraße verlaufende Fundament des Tores entdeckt, aber leider nicht dokumentiert. Das Untere oder Sommereiner Tor ist bei Schatek als L-förmige Mauer mit Rundbogentor wiedergegeben, auch ein innenliegender Treppenaufgang mit Ausguck ist dargestellt. Das Wiener Tor ist hingegen als simpler Torbogen überliefert. An die Standorte der drei verschwundenen Markttore erinnern heute Infotafeln aus Stein, die in den 2000er-Jahren angebracht wurden.
Foto 1: Ansicht des Marktes Mannersdorf, Ausschnitt, Jacob Hoefnagl, 1617
Foto 2: Ansicht des Marktes Mannersdorf, Maria-Theresien-Saal, Schloss Mannersdorf, um 1730/40
Foto 3: Ansicht des Marktes Mannersdorf, Perspectiv-Karte, Franz X. Schweickhardt, 1837
Foto 4: Hofer Tor, Zeichnung von Albert Schatek, 1928, Stadtmuseum Mannersdorf
Foto 5: Sommereiner Tor, Zeichnung von Albert Schatek, 1928, Stadtmuseum Mannersdorf
Foto 6: Wiener Tor, Zeichnung von Albert Schatek, 1928, Stadtmuseum Mannersdorf