Das Stadtgebiet von Mannersdorf wird von einigen Bächen durchschnitten, die seit jeher prägend für die Landschaft und die Menschen sind. Dennoch sind sie allgemein nicht so bekannt wie ihr Mündungsfluss, die Leitha. Michael Schiebinger kann sich beim heutigen Thema auf die mittlerweile selbst geschichtlich gewordenen Zeilen von Ortshistoriker Hans Kopf stützen.
Durch die Topographie, die Lage und den geologischen Aufbau des Leithagebirges wurde dieses zu einem wichtigen Quellgebiet unserer Gegend. Im Wald des südöstlichen Gemeindegebietes haben sich verschiedene Gräben in das Gestein des Leithagebirges geschnitten, die zu Wasserläufen wurden. Einer dieser Bäche ist der Schweingraben, der Nahe des Purbacher Weges und der Landesgrenze auf etwa 390 Metern Seehöhe entspringt. Er fließt zwischen dem „Berg im grünen Stand“ und dem Großberg hinab, um das Wasser des Großberg- oder Hollergraben sowie der Gräben des Eichberges aufzunehmen. Der verträumt mäandernde Lauf des Baches hat so manche Phantasie beflügelt, so entstanden auch Legenden um die „Sauborstenliesl“. Dieses tierisch-menschliche Wesen soll sich tief im Wald am Schweingraben herumgetrieben haben und mit ihrem Stachelkleid die Umgebung in Angst und Schrecken versetzt haben. Und wie’s bei Sagen oft so ist, kam dann ein tapferer Fremder als Retter – er goss Pech in den Graben und das Untier kam darin um.
Das idyllische Bächlein inspirierte aber auch den Maler Edmund Adler, der den Schweingraben 1945 in einem großen Landschaftsgemälde festhielt. An der Brücke der Landesstraße tritt der Scheingraben dann in die Ebene hinaus, um am Rande der Pirschleiten weiter nordwärts zu fließen. Hier bildet der Bach wiederholt die Gemeindegrenze zu Sommerein und „umschifft“ die Tegelgrube. Dem alten Fahrweg nach Trautmannsdorf entlang führt der Graben dann nach Nordosten – nach über 10 Kilometern mündet der Bach dann auf 162 Metern Seehöhe in die Leitha.
Der zweite namhafte Wasserlauf Mannersdorfs ist der Arbach, im Westen des Gemeindegebietes. Er entsteht auf etwa 345 Metern Seehöhe aus den Sieben Bründeln am Fuße des Schwarz- und Spitzberges. Der von der Ziegellacke kommende Ziegelbach, wenn wasserführend, verstärkt den Arbach, der durch einen Bogen an der Klausurmauer in das alte Klostergebiet der Wüste eintritt. Der Bach war hier eine wichtige Wasserquelle für die Mönche. Sie nannten ihn ehrfurchtsvoll „Jordan“, um so an den Fluss im Heiligen Land zu erinnern und damit ihr Klostergebiet mit diesem in Vergleich zu setzen. Wo der Weg zur Allee über den Arbach bzw. Jordan führt, ließen die Karmeliter im 18. Jahrhundert die Skulptur des hl. Johannes Nepomuk errichten, der gemeinsam mit seinem modernen Pendant noch heute über die Brücke wacht. Der Bach verlässt das Klostergebiet wieder und führt zum Standort der ehem. Arbachmühle an der Hofer Straße – der Mühlenname blieb bis heute für das dortige Gasthaus bestehen. Der Arbach wird nun in der Ebene zur Gemeindegrenze mit Hof, um weiter nördlich in den Wiesengraben zu münden. Der gemeinsame Bachlauf endet letztlich in der Leitha, bis hierher hat das Wasser von Arbach und Wiesengraben gut 11 Kilometer zurückgelegt.
Neben den beiden Bächen entspringen im Wald des Leithagebirges noch weitere Quellen, die als „Bründl“ verschiedene Namen tragen. Bekannt sind das „Kalte Bründl“, das „Jägerbründl“ oder das „Fuchsenbründl“, letzteres war ja namensgebend für unsere Volkstanzgruppe. Weniger bekannt sind in der jüngeren Generation hingegen das „Reintalbründl“, das „Reichhartbründl“ oder das „Klein-Gmoa-Bründl“ auf den Feldern.
Nicht nur im Wald und auf den Feldern gab und gibt es Wasserquellen, mitten in der Stadt entspringt ja unserer Thermalquelle. Neben der bekannten Thermenlinie am Westrand des Wiener Beckens besteht auch längs des Leithagebirges eine Bruchlinie, zu der die Mannersdorfer Thermalquelle zählt. Sie entspringt unterhalb der barocken Badhauskapelle Eine zweite Quelle besteht unter dem Pavillon am Gelände des heutigen Thermalbades, beide Quellenabflüsse vereinigen sich weiter nördlich und bilden den „Warmen Bach“ oder „Mühlbach“. Der eine Name nimmt Bezug auf die Wassertemperatur von gut 22 Grad Celsius, der andere leitet sich von den beiden Mühlen her. Eine Mühle bestand nördlich des Badegebäudes, hier war der Bach noch bis in das 20. Jahrhundert hinein offen und diente den Kindern der Umgebung als Abenteuerspielplatz. Heute ist der Bachlauf in der Mühlgasse in einen Kanal gezwängt, fließt unter der Hauptstraße und durch das Bachgassl durch. Bei der Hintausstraße befand sich noch lange die „Flinserlmühle“, wo ein Hammer zur Herstellung von ebendiesen Flinserln betrieben wurde. Unter der nach ihm benannten Bachgasse rauscht der Mühlbach oft gut hörbar auf die Felder hinaus, um dort in den Wiesengraben zu münden.
Neben dem Mühl- oder Warmen Bach entspringt noch ein zweiter Wasserlauf im Stadtzentrum. Im Garten des Gottschy-Hauses liegt nämlich die Quelle des Schwemmbaches. Auch hier weisen die dortige „Schwemmgasse“ und die nahe „Schwemmwiese“ als Straßenbezeichnungen auf das Bächlein hin. Das Wasser wurde in Becken geleitet, die als erstes öffentlich zugängliches Bad von Mannersdorf dienten. Auch die einstige Pferdeschwemme vor dem alten Feuerwehrdepot wurde von der Quelle gespeist. Heute fließt das Wasser eher unbemerkt unter der Straße hindurch, um erst bei der Milchhalle das Tageslicht wiederzusehen. Als Rinnsal fließt der Schwemmbach den Gärten der Reihenhaussiedlung entlang Richtung Norden, um nach gut einem Kilometer in den Mühlbach zu münden.
Foto 1: Schweingraben im Mai 1945 von Edmund Adler verewigt (Edmund-Adler-Galerie)
Foto 2: "Schweinsgraben", 1837 (Perspectiv-Karte, F. X. Schweickhardt)
Foto 3: Kaltes Bründl, 1873 (Francisco-Josephinische Landaufnahme, Wikipedia)
Foto 4: Badevergnügen am Bach, 1926 (Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)
Foto 5: Arbach durchfließt die Wüste, 1837 (Perspectiv-Karte, F. X. Schweickhardt)
Foto 6: Flinserlmühle am Mühlbach, 1928 (Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)
Foto 7: Pferdeschwemme, gespeist vom Schwemmbach, 1929 (Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)