Die Gasthäuser waren stets besondere Orte, hier wurde nicht nur gegessen und getrunken, hier wurde gefeiert und auch getrauert. In den Mannersdorfer Gasthäusern gesellt(e) man sich zusammen, um Vereinssitzungen abzuhalten, um auf Bällen zu tanzen, um sich Vorträge anzuhören oder um einfach Billard zu spielen. Michael Schiebinger begibt sich in zwei Teilen zu den lokalen Orten der Geselligkeit und Gastlichkeit.
Eines der ältesten Mannersdorfer Lokale dürfte das Gemeindegasthaus an der Hauptstraße 22 gewesen sein, das seit 1928 nur noch zu Wohnzwecken diente und in dessen Gebäude einst die Gemeindekanzlei untergebracht war. Das Schankrecht war früher stark reglementiert und wurde von der Herrschaft vergeben. Die Gemeinden durften vielfach selbst Gaststätten unterhalten, so auch in Mannersdorf, wo zudem ein Herrschaftswirtshaus bestand. Im Jahr 1697 wurde in einer Häuseraufstellung jenes Herrschaftswirtshaus genannt, dessen Wert mit 320 Gulden angegeben wurde. Im Zuge der Kuruzzeneinfälle brannten mit dem Markt 1704 auch das Gemeinde- und das Herrschaftswirtshaus ab. 1730 wurde das Herrschaftswirtshaus als Unterhaus zum Bad gehörig beschrieben, zum Besitz gehörten auch Äcker, Wiesen und Holzrechte. Im Jahr 1764 wurde das Wirtshaus an Thoma Forstner übergeben, zu ihm gehörte auch ein eigener Brotladen. Den Wein musste der Herrschaftswirt stets von den Mannersdorfer Untertanen beziehen, während das Bier aus dem Sommereiner Brauhaus kam. 1783 wurde das Herrschaftswirtshaus an Fleischhauer Franz Branz veräußert. Im selben Jahr beschreibt der Wiener Mediziner Johann Michael Schosulan das Mannersdorfer Bad. „In dem Badhause selbst ist ein eigener Gastwirth angestellet, durch welchen den Badgästen alle Bequemlichkeit und Bedienung an Speis und Trank aufs beste verschaffet wird; dann ist zur Unterhaltung der Badenden ein eigenes Billiard und Kaffeehaus zugeben“, wie Schosulan berichtete. Nach der Aufhebung des Bades wurden zur Fortsetzung eines bescheidenen Kurbetriebes im „Schwarzen Adler“ (später „Unterer Richter-Wirt“), dem nunmehrigen Herrschaftswirtshaus, ein Wannenbad und fünf Gästezimmer eingerichtet. Der Pächter war verpflichtet, die Badegäste aufmerksam zu bedienen, ihnen nur gute Speisen und Getränke zu verabreichen und für größte Reinlichkeit in seinem Betrieb zu sorgen. 1798 ging das Herrschaftswirtshaus an den Pächter Georg Suchentrunk, noch 1808 wurde der Badebetrieb beim Wirtshaus fortgeführt und dürfte danach zum Erliegen gekommen sein.
Nach der Aufhebung der Grundherrschaft und den rechtlichen Erleichterungen im 19. Jahrhundert wurden dann immer mehr Gaststätten im Ort eröffnet. Mannersdorf war einst reich an Gasthäusern, nahezu an jeder Straßenecke bestand eines der fast 20 Lokale (!), das zur Einkehr einlud. Um die Jahrhundertwende wurden im Zentralgewerbekataster die Gasthöfe von Jakob Nemetschek und Franz Parrer ausgewiesen, während die Lokale von Franz Ackerl, Matthias Infanger, Franz Karanitsch, Severin Koller, Josef Kostwein, Karl Ludescher, Franz Matzenauer, Josef Muschel, Matthias Nagelreither, Anton Nowotny, Matthias Pillitsch, Franz Schmidt, Josef Stahl, Georg Voikowitsch und Franz Weninger als Wirtshäuser galten. Einige der Lokale verfügten auch über Gästezimmer, 1913 hatte der „Schwarze Adler“ acht Zimmer, der Buchberger-Wirt im Sprenghof ebenso acht Zimmer, beim Nemetschek gab es zwölf Zimmer, beim Kopper neun Zimmer und auch der Hahn-Wirt bot sechs Zimmer zur Vermietung an.
Die sozialdemokratische Gemeindeverwaltung hat dann in der Ersten Republik das eigene Gemeindegasthaus geschlossen, um notwendigen Wohnraum zu schaffen. Zuvor war es von den Familien Hahn, Karanitsch und Prekunitsch als Pächter betrieben worden. Jede der Mannersdorfer Gaststätten konnte auf eine lange Geschichte und Tradition zurückblicken. Sie verfügten alle über ihre Besonderheiten und waren einander doch sehr ähnlich. Lange waren selbst die kleinsten Lokale auch Sitz von Sparvereinen, die einmal im Jahr zur Auszahlung samt Schnitzelessen luden. Begeben wir uns auf einen kleinen Spaziergang zu den einzelnen Lokalen.
An der Hauptstraße 105 beim Park bestand zunächst das Gasthaus „Zur Fortuna“ von Josef Hummel, das auch von Rosina Zwerger geführt wurde. Lange war es dann in Händen von Josef Lukowitsch und wurde dann von der Familie Windisch übernommen. Heute wird das Gasthaus als „Stadtwirt Windisch“ geführt. Beim Zwerger bzw. Lukowitsch wurde eine Kegelbahn betrieben, bei der sich die Mannersdorfer Honoratioren ein Stelldichein gaben – Apotheker Tacina war wegen seiner Schussstärke bei den assistierenden „Kegelbuben“ besonders gefürchtet. Auch gab es hier bereits nach dem Ersten Weltkrieg einen Musikautomaten. Noch heute ist das Gasthaus das Stammlokal der Fischer.
Ebenfalls auf der Hauptstraße befand sich das Gasthaus „Zur weißen Taube“ von Jakob Nemetschek, dessen Wirtsbetrieb im Haus Nr. 30 geführt wurde, während das Café später im Nachbarhaus links der Einfahrt untergebracht war. 1904 errichtete Jakob Nemetschek in seinem Lokal einen modernen „Restaurations-Salon“ ein. Der Wirt vermietete auch Fremdenzimmer und war das erste Stammlokal der Naturfreunde, ehe diese zum Kopper-Wirt wechselten. Beim Nemetschek wurde auch gerne Billard gespielt und auch sonst konnte sich das Lokal einen guten Ruf über Mannersdorf hinaus erarbeiten. Im Lokal stand einer der ersten Wurlitzer und die Jugend konnte zum Rock’n’Roll das Tanzbein schwingen. Der Gastbetrieb blieb bis in die 1970er-Jahre hinein bestehen.
Neben dem Lokal von Jakob Nementschek gab es in Mannersdorf noch zwei weitere Kaffeehäuser. Gleich zwei Häuser weiter, an der Ecke zur Fabriksgasse, bestand jenes von Georg Voikowitsch, wo ebenso Billard und Schach gespielt wurde. Das Lokal wurde später von anderen Betreibern als Gasthaus weitergeführt und hat erst vor einiger Zeit seine Pforten für immer geschlossen. Ein weiteres Kaffeehaus betrieb der aus Hof zugezogene Lorenz Prekunitsch mit seiner Gattin Paula (geb. Zenk) beim Park an der Einmündung der Ziegelofengasse. Nach dem späteren Zubau der Kegelbahn war das Lokal einer der ersten Jugendtreffs des Ortes. Noch einige Zeit als Beisl betrieben, ist das Lokal mittlerweile auch schon Geschichte.
Fortsetzung folgt …
Foto 1: Gemeindegasthaus mit Pächter Lorenz Prekunitsch (Archiv Karl Trenker/Stadtmuseum)
Foto 2: Ehem. Gemeindegasthaus nach seiner Schließung, um 1928 (Archiv Karl Trenker/Stadtmuseum)
Foto 3: Gasthaus Hummel/Zwerger, um 1900 (Archiv Karl Trenker, Herkunft von Fam. Kaltner)
Foto 4: Gasthaus Hummel/Zwerger/Lukowitsch, 1920er-Jahre (Archiv Karl Trenker)
Foto 5: "Lukowitschwirt" im Schankbereich (Archiv Hans Amelin)
Foto 6: "Lukowitschwirt" im Weinkeller (Archiv Hans Amelin)
Foto 7: Gasthaus Nemetschek mit k. u. k. Militär, um 1900 (Archiv Karl Trenker/Stadtmuseum)
Foto 8: Gasthaus Nemetschek, 1920er-/30er-Jahre (Archiv Karl Trenker/Stadtmuseum)
Foto 9: Gast- und Kaffeehaus Nemetschek, 1960er-Jahre (Archiv Karl Trenker)
Foto 10: Kaffeehaus Nemetschek, 1960 (Archiv Hans Amelin)
Foto 11: Billardspieler beim Nemetschek oder Voikowitsch? (Archiv Karl Trenker/Stadtmuseum Mannersdorf)
Foto 12: Kaffeehaus Prekunitsch beim Park, noch ohne Zubauten (Archiv Karl Trenker)